BLODVEGER – NS-Zwangsarbeit in Nord-Norwegen

1939/1940

Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September beginnt der Zweite Weltkrieg.

Am 3.10. spricht Großadmiral Raeder bei Hitler vor, „zur Ausweitung der Operationsbasis im Norden.“ Am 14.12. befiehlt Hitler, „dass mit kleinstem Stab die Untersuchung geführt wird, wie man sich in den Besitz Norwegens setzen kann.“ Am 26.2. hält Generalmajor Warlimont in einer Vortragsnotiz fest, dass „der planmäßige Einbau der Nord- und Ostseestaaten in das kontinentaleuropäische Wirtschaftssystem unter deutscher Leitung nötig“ sei.

Am 1.3. ergeht Hitlers Weisung zum Überfall auf Dänemark und Norwegen: „Die Entwicklung der Lage in Skandinavien erfordert es, alle Vorbereitungen dafür zu treffen, um mit Teilkräften der Wehrmacht Dänemark und Norwegen zu besetzen („Fall Weserübung”). Hierfür soll (…) unsere Erzbasis in Schweden gesichert und für Kriegsmarine und Luftwaffe die Ausgangsstellung gegen England erweitert werden.“

Beginn des deutschen Angriffs auf Dänemark und Norwegen am 9. April.

Nach 1866 bzw. 1871 werde aus dem Deutschen Reich nun das Germanische bzw. Groß-Germanische Reich entstehen, zitieren Goebbels bzw. Rosenberg Worte Hitlers.

Am 24.4. erklärt Hitler die besetzten norwegischen Gebiete zum Reichskommissariat und setzt den Oberpräsidenten der Rheinprovinz und Gauleiter von Essen Josef Terboven als Reichskommissar ein, der allein ihm untersteht; die Wehrmacht übt die militärischen Hoheitsrechte aus. – Am 24.5. veranstaltet das Auswärtige Amt eine interministerielle Beratung zum Thema Europäische Großraumwirtschaft.

Nach lokalem Widerstand vor allem in Nord-Norwegen, der Versenkung von zehn deutschen Zerstörern und der Landung alliierter Truppen in Harstad, werden britische Einheiten zur Westfront verlegt. König und Regierung fliehen nach Großbritannien. Am 10. Juni kapitulieren die norwegischen Truppen. Norwegen bleibt Operationsgebiet.

Bei der Gründung der Deutsch-Norwegischen Handelskammer am 19.11. erklärt Terboven die wirtschaftliche Neuordnung über die Verbesserung der Infrastruktur.

1941-1943

Jugoslawien wird am 6. April von Deutschland überfallen; Serbien wird besetzt, in Kroatien übernimmt die faschistische Ustaša die Macht.

Am 22.Juni beginnt der deutsche Angriff auf die Sowjetunion; ab 29.6. auch von Norwegen aus.

In den ersten sieben Kriegsmonaten sterben 1,7 Millionen sowjetische Kriegsgefangene in deutschem Gewahrsam. Am 5.7. bzw. 5.8. genehmigen OKW bzw. Göring den Arbeitseinsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen in Norwegen.

Die Organisation Todt übernimmt im März 1942 die Leitung aller Bauprojekte des Reichskommissariats; im April wird Oslo Hauptsitz der „Einsatzgruppe Wiking“. Mit 90.000 Arbeitern wird die OT zum größten Unternehmer Norwegens.

Brief von Himmler am 27.4., dass er Hitler und Speer zugesagt habe, alte SS-Führer und Angehörige der Polizei als „Aufsichtsführende“ für „Gefangene aus dem Südosten als Arbeiter“ zur Verfügung zu stellen. Im Herbst ernennt er den früheren Kommandanten des KZ Sachsenhausen SS-Oberführer Loritz zum „Inspektor z.b.V.“ beim SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Höherer SS- und Polizeiführer Nord Wilhelm Redieß.

Am 13.5. erlässt Hitler den sog. Wiking-Befehl: „Die Durchführung der von mir für Norwegen angeordneten Baumaßnahmen ist kriegsentscheidend.“ Dies war z.B. der Bahnbau Mo-Fauske-Narvik-Kirkenes, der Ausbau der Reichsstraße 50, heute E 6.

Bis Kriegsende leisten ca. 100.000 kriegsgefangene Sowjets, 4.000 Jugoslawen und 1.600 Polen in Norwegen Zwangsarbeit; 16.500 von ihnen starben.

Im Juni kommen die ersten jugoslawischen Gefangenen in Norwegen an, „politische Häftlinge, die sich Reichskommissar Terboven persönlich von einem ihm bekannten Polizeiführer im Südosten verschafft hat.“

Beisfjord-Massaker am 17./18.7.; 287 jugoslawische Gefangene werden getötet.

Am 12.8. werden aus den Emsland-Lagern politische und kriminelle Gefangene „zum Arbeitseinsatz nach Nord-Norwegen“ abtransportiert. 2.600 werden es insgesamt.

Im März 1943 vereinbaren Reichskommissariat und Wehrmacht: das Militär ist fortan für die jugoslawischen Häftlinge zuständig; sie werden als Kriegsgefangene behandelt.

1944/1945ff.

Hitler befielt am 4.10. den Rückzug der 20. Gebirgsarmee und die Zerstörung der Infrastruktur.

Die Rote Armee erreicht am 18.10. die norwegische Grenze und nimmt Kirkenes ein. Gefechte zwischen Wehrmacht und Roter Armee bis zum 6.11., die Sowjets gehen bis Tana vor, 150 km ins Landesinnere; die Wehrmacht zieht sich zum Lyngenfjord zurück.

Am 28.10. befiehlt Hitler die Zwangsevakuierung von 50.000 Menschen in Nord-Norwegen, auch hier lassen die Besatzer verbrannte Erde zurück; u.a. 11.000 Wohnhäuser werden zerstört.

Im Oktober werden aus Schweden die ersten aus Norwegen geflohenen Zwangsarbeiter in die Sowjetunion repatriiert.

Am 8. Mai kapituliert die Wehrmacht in Norwegen und unterzeichnet Keitel als Chef des OKW in Berlin-Karlshorst die Gesamtkapitulation. In Europa ist damit der 2.Weltkrieg beendet, dem schätzungsweise 60 Millionen Menschen zum Opfer fielen.

Am 7.Juni kehrt König Haakon VII. nach Norwegen zurück. Am 24.10. wird Vidkun Quisling wegen Landesverrat hingerichtet. In 90.000 Fällen wird ermittelt; 24 Norweger und 12 Deutsche werden von norwegischen Gerichten zum Tode verurteilt. Mutmaßliche deutsche Kriegsverbrecher werden Belgrad und Moskau überstellt. Terboven und Redieß hatten im Mai Selbstmord begangen.

1953 Auf der Insel Tjøtta wird die zentrale Kriegsgräberstätte für Sowjets eingeweiht

1955 Premiere des norwegisch-jugoslawischen Filmes ‘Blodveien’

2010 Norwegisch-Russische Gemeinschaftsausstellung im Militärmuseum Oslo

2017 Ausstellung über die Organisation Todt im Technikmuseum Oslo